10 Gebote einer guten Hochschularbeit

Autor: Marcus Ostermann (© online:TEXTBÜRO) 

Das Wichtigste in Kürze: Eine Hochschularbeit muss erstens problemorientiert und zweitens leserorientiert sein.

  • 1. Merksatz: ?Wer eine Hochschularbeit schreiben will und kein Problem hat, hat ein Problem.?
  • 2. Merksatz: ?Wer am Leser vorbei schreibt, schreibt am Prüfer vorbei.?

Die folgenden ?10 Gebote? fassen die grundsätzlichen Anforderungen an eine Hochschularbeit in denkbar knappster Form zusammen. Wer sie erfüllt, hat das ?sehr gut? noch nicht in der Tasche, ist aber mit Sicherheit auf dem richtigen Weg. Andererseits gilt: Nach unserer Erfahrung kann die Nicht-Berücksichtigung auch nur einer der hier genannten Vorgaben bereits zu einer Abwertung führen.

1. Gebot: Titel

Der Titel der Arbeit muss deutlich auf das Problem (= die Fragestellung, die der Untersuchung zugrunde liegt) hinweisen.

2. Gebot: Fragestellung

Die Arbeit muss eine (!) Fragestellung (= ein Problem, eine Forschungsfrage) enthalten, die in der Einleitung hergeleitet und erläutert werden muss. Diese Fragestellung muss sich tatsächlich in Form einer Frage formulieren lassen, sonst ist das Problem keines. Ohne geeignete Fragestellung kann eine Hochschularbeit nicht gelingen, denn die Hochschularbeit dient ausschließlich der Beantwortung der eingangs gestellten Forschungsfrage ? sie dient nicht der Beantwortung der Frage, wie viele Bücher man gelesen hat oder wie gut man sich mit dem Formatieren auskennt.

3. Gebot: Exposé/Einleitung

Die Erstellung einer Gliederung vor Beginn der eigentlichen Arbeit ist wichtig, aber keineswegs das Wichtigste, auch wenn das von den Prüfern immer wieder suggeriert wird. Viel wichtiger ist ein Exposé, das auf nicht mehr als 2 Seiten die wesentlichen Eckpunkte der Untersuchung (1. Herleitung der Fragestellung, 2. Formulierung der Fragestellung, 3. Operationalisierung der Fragestellung im Hinblick auf einzelne Untersuchungsaspekte, 4. Gang der Untersuchung) in problemorientierter Weise zusammenfasst. Damit wird geklärt, was alles unternommen werden muss, um die Forschungsfrage zu beantworten bzw. das Problem zu lösen. Dies ist keine zusätzliche Mühe, sondern ergibt die spätere Einleitung, die ebenfalls die 4 genannten Aspekte abdecken muss, möglichst in der genannten Reihenfolge. Nur so lässt sich ein geeigneter Untersuchungsplan entwickeln, anhand dessen sich die Sinnzusammenhänge zwischen den einzelnen Abschnitten ergeben. Gerade das leistet die Gliederung nicht.

4. Gebot: Stil

Auf die Einhaltung eines wissenschaftlichen Stils ist zu achten. Viel wichtiger als das Aufkommen komplexer Begriffe ist dabei die reichliche Verwendung sinnstiftender Vokabeln, in erster Linie kausaler Konjunktionen wie weil, da, denn, daher, obwohl, zwar, mithin, indes usw. Je mehr, desto besser ? erst hierdurch erhält der Text seinen Sinngehalt, durch nichts sonst! Zwei Argumente, die sich nicht mit einer solchen Konjunktion verbinden lassen, gehören offensichtlich nicht zusammen. Schlussfolgerungen dürfen nicht dem Leser überlassen werden ? die Verfasserin bzw. der Verfasser muss sie selbst liefern!

5. Gebot: Überschriften

Diese müssen auf das jeweilige in einem Abschnitt behandelte Problem hinweisen, also ebenfalls problemorientiert sein. Eine Überschrift wie ?SWOT-Analyse? ist daher unangemessen, weil das viel zu global ist. Die Überschrift ?Eignung von SWOT-Analysen zur strategischen Optimierung von KMU? dagegen ist sinnvoll.

6. Gebot: Leserorientierung

Der Leser ist stets über den Erkenntnisstand auf dem Laufenden zu halten und muss zu jedem Zeitpunkt wissen, wo er sich befindet. Das bedeutet, dass jeder größere Abschnitt eingeleitet werden muss; es muss kurz skizziert werden, was folgt und zu welchem Zweck. Am Ende eines Abschnitts muss kurz dargelegt werden, was a) im Hinblick auf die Fragestellung des Abschnitts und b) im Hinblick auf die Gesamtfragestellung erreicht wurde; sodann muss zum Folgenden in geeigneter Weise übergeleitet werden.

7. Gebot: Wörtliche Zitate

Diese sind nur dann zu verwenden, wenn es auf den Wortlaut ankommt, etwa wenn dezidierte Forschungsmeinungen einander gegenübergestellt werden ? sonst nicht. Keinesfalls dürfen sie Nebensächliches oder gar Banales enthalten, weil man damit die wissenschaftliche Leistung der Urheber abwertet. Niemals dürfen sie als ?Ersatz? für die eigene Argumentation verwendet werden, nur weil man keine Lust hat, selbst etwas zu formulieren. Keinesfalls einen Abschnitt mit einem Zitat beenden, sondern immer mit eigenen Worten.

8. Gebot: Abbildungen, Grafiken, Tabellen

Diese müssen a) angemessen eingeführt werden, sie müssen b) dort erscheinen, wo von ihnen die Rede ist, also keinesfalls auf der nächsten Seite oder ganz woanders, wo man sie nicht sehen kann, vor allem aber müssen sie c) ausgewertet, das heißt kommentiert, interpretiert und für die eigene Argumentation nutzbar gemacht werden. Keinesfalls die Interpretation von Grafiken dem Leser überlassen! Hier gilt analog zum Zitat: Eigene Argumentation ist durch nichts zu ersetzen! Ebenfalls analog zum Zitat gilt: Keinesfalls einen Abschnitt mit einer Abbildung beenden!

9. Gebot: Argumentation

In einer Hochschularbeit wird nichts beschrieben und nichts dargestellt. Allenfalls kann in einer Abbildung ein Sachverhalt grafisch dargestellt werden; die Grafik kann anschließend beschrieben werden. Ansonsten sollten diese Vokabeln nach Möglichkeit überhaupt nicht verwendet werden, weil es sich dabei nicht um Verfahren wissenschaftlicher Diskussion handelt. Stattdessen wird in einer Hochschularbeit analysiert, untersucht, erörtert und eben diskutiert ? und zwar aspektgeleitet, das heißt wiederum: problemorientiert.

10. Gebot: Nachweise

Jede Seite, die nicht mindestens 3 Literaturbelege aufweist, ist auffällig. Ebenso auffällig ist eine Seite, die 10 oder mehr Literaturbelege aufweist. Es sollte darauf geachtet werden, sich nicht über längere Strecken nur auf eine Quelle zu beziehen.

Hinweis: Es handelt sich hierbei um grundsätzliche Überlegungen hinsichtlich der Anforderungen bei der Abfassung einer Hochschularbeit, die aus dem täglichen Umgang mit solchen Texten stammen und Grundlage einer adäquaten Beurteilung der Textqualität sind. Keinesfalls ersetzen sie die jeweiligen Vorgaben der Prüfer bzw. der Prüfungsordnungen.  

Creative Commons License
Dieser Inhalt ist unter einer Creative-Commons-Lizenz lizenziert. Demnach müssen Sie den Namen des Autors bzw. Rechteinhabers in der von ihm festgelegten Weise nennen (hier: Marcus Ostermann, online:TEXTBÜRO). Der Inhalt darf nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden. Der Inhalt darf nicht bearbeitet, abgewandelt oder in anderer Weise verändert werden.